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Vor allem Lust (und auch etwas Können), uns bei ein oder mehreren dieser Arbeiten gegen Bezahlung zu helfen. Fachwissen und Interesse an kulturellen Themen schaden nicht. Viel wichtiger ist uns aber, dass es dir Spaß macht, mit Menschen und in Teams zu arbeiten. Dass du freundlich und zuverlässig bist. Und dass du bereit bist, dich mit Herzblut auf das MuseumPasseier als eine besondere Kultureinrichtung einzulassen.

Wenn du dir vorstellen kannst, im Rahmen deiner zeitlichen Möglichkeiten bei uns mitzumachen, schreib uns einfach eine E-Mail an info@museum.passeier.it.

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Die Jungen suchen nach dem Alten

Ein Erfahrungsbericht über die Arbeit an Chronik.Passeier.

Foto: MuseumPasseier.

Ein Erfahrungsbericht über die Arbeit an Chronik.Passeier

Von David Hofer


Vorneweg, ich zähle mich selber natürlich nicht mehr zu den jungen Leuten. Doch bei der Arbeit rund um die entstehende digitale Chronik ist es auffällig, wie viel Einsatz und Begeisterung von den Mitarbeitenden eingebracht wird. Seien es Mittelschüler*innen im Sommerpraktikum beim Einscannen der Sterbebildchen oder Oberschüler*innen und Student*innen beim Transkribieren der Taufbücher.

Aber am besten fangen wir von vorne an. Chronik.Passeier (hier gehts zur dazugehörigen Website) ist ein Projekt, welches sich schon länger in der Ausarbeitung befindet. Die Gemeinde St. Martin entschied sich gegen ein handelsübliches Dorfbuch, sondern wollte einen moderneren Ansatz und vor allem die Möglichkeit der Partizipation für alle bieten. Mein erster Beitrag hierfür war Bildbearbeitung von digitalisierten Sterbebildchen. Das Museum scannt nun schon länger Dokumente ein, damit diese in hoher Qualität erhalten bleiben und nicht irgendwann einfach verschwinden.

So saß ich also am Empfangsbereich des Museums: Ich richtete im Programm die Bilder aus, nahm Zuschnitt und Korrekturen vor und exportierte sie. Öfters vermutlich auch denselben Schritt mehrmals, da Besucher*innen meine Aufmerksamkeit benötigten und ich – zurück am Computer – nicht mehr wusste, bei welchem Schritt ich gerade stehengeblieben war. Daher zur Sicherheit lieber nochmal von vorne beginnen.

Mit dem Näherrücken der Sommerferien kam eine weitere Aufgabe hinzu: Das Transkribieren der historischen Taufbücher. Von A3-Kopien der Kirchenbücher wurden Nummern, Personennamen und Geburtsdaten in eine Google-Tabelle übertragen. Die sogenannte Kurrentschrift stellte uns oft vor Herausforderungen. Man hatte zwar irgendwann die Handschriften der meisten Pfarrer entschlüsselt, aber kamen schlampig gescannte Stellen, eine seltsame Formatierung oder einfach ein ungewohnter Name stockte es wieder.

Ausschnitt von 1862 aus dem Taufbuch der Jahre 1834 bis 1888 von St. Leonhard in Passeier (Screenshot aus: Kirchenbücher Südtirol online des Südtiroler Landesarchiv).

Doch ehrlich gesagt waren diese Herausforderungen oft der schöne Teil der Arbeit. Zumindest wenn irgendwann der Heureka-Moment kam und man mit Zuversicht den Namen eintippen konnte. Hin und wieder war es zugegeben auch frustrierend. Irgendwann konnte man schließlich die Buchstaben n, e, u und r voneinander unterscheiden, welche zu Beginn noch identisch ausgesehen hatten.

Zudem lernten wir neue Begriffe. Vorher wusste zumindest ich nicht, was ein Reduplikationsstrich ist. Da das Wort aber recht lang ist, blieb es beim Ansagen der Schreibweise An̅a trotz des erworbenen Fachwissens einfach bei „Anna mit Strich“.

Beim Transkribieren arbeitete man zu zweit in Teams. Eine Person entzifferte, die zweite Person tippte in die Tabelle. Häufig aber grübelte man gemeinsam über die Einträge. Woos soll denn dës do hoaßn?, Na, der Pfårrer håt do gimaatscht – und schon war man gemeinsam über einen Eintrag gebeugt und versuchte detektivisch zu ermitteln, wer dieser Mensch aus der Vergangenheit war, damit er oder sie den korrekten Eintrag in unserer Chronik bekommen würde.

Bezüglich der Namen gab es damals wie heute Trends. Eine Zeitlang war Franz Joseph der Renner, Maria und Anna sind selbstverständlich stark vertreten, Sebastians und Ursulas in Schweinsteg sehr beliebt. Andere Namen – Vornamen wie Hyacinth, Hypolitt und Hieronymus bzw. Nachnamen wie Klotzbücher und Krautschneider oder Sutara und Masnövo – sind heute mehr oder weniger im Tal ausgestorben.

Interessant sind dabei Schreibweisen, die sich oft verändern. Schifer/Schiefer, Öttl/Oettl/Öettl, Lahnthaler/Lanthaler, Spiss/Spieß, Oberprantacher/Oberprandacher und dergleichen mehr. Und in Bezug auf Schreibweisen muss ich den Namen Krescenzia erwähnen. Oder sollte ich Crescentia sagen? Womöglich auch Creszencia. C, k, z und t sind in diversen Kombinationen zu finden.

Wer findet Krescenz mit K, c, z? Oder eine “Anna mit Strich”? Schau links bei den fortlaufenden Nummer, geh bis zur Nummer 33, in der dritten Spalte findest du (unterstrichen) Haller Krescenz An̅a. Ausschnitt von 1882 aus dem Taufbuch der Jahre 1860 bis 1922 von St. Martin in Passeier (Screenshot aus: Kirchenbücher Südtirol online des Südtiroler Landesarchiv).

Hin und wieder nahmen wir die künstliche Intelligenz zur Hilfe. Mit Google Lense wurde am Smartphone der Name eingescannt und dann mit Spannung erwartet, ob die AI eine Hilfe war. Meistens maximal, indem sie einzelne Buchstaben entzifferte. Unsere typischen Passeirer Namen waren für die AI dann in den meisten Fällen doch zu exotisch.

Um nicht nur vom Entziffern zu erzählen, möchte ich zwei Beispiele einfügen. Es sind Situationen, bei denen ich selber Schwierigkeiten hatte. Die folgenden Namen (farbig eingekreist) hatte ich öfters verwechselt, wie ich später beim nochmaligen Kontrolllesen erfuhr.

 
 
 
 

Für jene, die sie nicht selber entziffern konnten: einer davon ist Paul, der andere Carl. Aber nicht in der Reihenfolge wie ich sie hier gerade geschrieben habe, sondern anders herum. Also der erste Name ist Carl und der zweite Paul.

Fast schon zum Running Gag wurde der nächste Name.

 
 

Schon eine Idee? Meine erste Lösung war damals Hanna. Komplett falsch. Der Name hier ist Theres. Ich hatte bereits vor dem Auftauchen dieses Namens Probleme, den Namen Theresia zu erkennen. Häufig gab ich beim Transkribieren zu, dass ich bei einem Eintrag nicht wirklich weiterkam und ein schneller Blick des Teammitglieds, gefolgt von einem kleinen Schmunzeln, brachte die Lösung: Dës isch wiider Theresia. Kaum hatte ich das Gefühl, den Namen Theresia endlich geknackt zu haben, wurde ich mit Theres erneut in die Schranken gewiesen.

Es waren aber nicht nur die Namen, die oft herausfordernd waren. So kam es, dass einige Pfarrer beim Monat plötzlich etwa „8er“, „9er“ und „10er“ nutzten. Das sind nicht August, September oder Oktober. Stattdessen beziehen sie sich auf die lateinischen Namen und bedeuten damit Oktober (8er), November (9er) und Dezember (10er).

Wenn man nicht zu sehr über Einträge rätseln musste, gab es ständig Verlockungen, sich ablenken zu lassen. Neben der selbstverständlichen Ausschau nach möglichen eigenen Vorfahr*innen, wurde es immer spannend, wenn man sich dem eigenen Geburtstag näherte. Ob wohl jemand im Tal aus der Vergangenheit den Tag mit mir teilt? Und dann amüsante Situationen, z.B. als die beiden heute ungewohnten, aber durch Harry Potter berühmt gewordenen Namen Hermine und Hedwig mit wenig Abstand hintereinander auftauchten.

Oft war es am Ende gut, dass das Lesen der Schrift nicht zu einfach war. Ansonsten hätte man sich wohl in den Details verloren. Besonders bei ungewohnten Namen war dies der Fall, oftmals Kinder von k. u. k. Beamten im Tale. Bei Findelkindern oder sogar Adeligen wurde man besonders neugierig und schweifte eher zu den übrigen Anmerkungen ab. Wer waren die Eltern? Was war deren Beruf? Wo wohnten sie? Diese Details werden der Chronik in einem späteren Schritt hinzugefügt, zuerst galt es einen Grundstock an Daten zu erstellen.

Für manche Härtefälle gab es schlussendlich nur eine Lösung: Ein Team von uns musste ins Pfarrarchiv und betrachtete nochmal das Original. Trotzdem bleiben Rätsel offen. So etwa die sogenannten Matrikelakten Nr. 8, auch Extrabuch genannt. Es wird mehrmals darauf verwiesen, aber bisher konnten wir es nicht finden und auch nicht wirklich erfahren, um was es sich dabei genau handelt. Es steht jedenfalls in Verbindung mit später nachgetragenen Kindern, welche irgendwo zwischen den anderen Einträgen noch „reingequetscht“ wurden.

Apropos später hinzufügen – das oben erwähnte Einscannen der Sterbebilder hat den Zweck, dass dadurch möglichst viele der Namen ein Gesicht bekommen. Die Bilder werden mit den jeweiligen Personeneinträgen verknüpft werden. Die digitale Chronik.Passeier soll den Anreiz geben, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen sowie die Familien- und Talgeschichte zu erfahren und weiter zu erforschen. Aus diesem Grund möchte diese Chronik interaktiv sein und die Beteiligung der Talbevölkerung fördern. Ähnlich wie bei einem Wiki sollen die Menschen selbst Einträge anlegen oder Informationen ergänzen können. Noch wird es jedoch ein wenig dauern, bis es soweit ist.

Von den Zukunftsplänen zurück zum Transkribieren. Im Moment werden die erarbeiteten und kontrollgelesenen Daten von den Programmierern implementiert. Nun gilt es zu sehen, ob es so klappen wird, wie wir es uns wünschen. Unsere bisherige Arbeit umfasst die Taufbücher von St. Martin (ab 1842), St. Leonhard teilweise inklusive Walten und Stuls (ab 1851) und Schweinsteg (ab 1860) bis 1923. Sobald wir diesen Schritt weiter sind, wird wieder gegrübelt, getippt und geschmunzelt werden. Ein erst kürzlich stattgefundenes Treffen hat jedenfalls gezeigt, die jungen Mitarbeiter*innen sind motiviert und begeistert.

 
 

Du magst mitmachen?

Melde dich unter chronik@passeier.it oder bei Magdalena (349 6506352) oder bei Dominik (347 7631041).

 
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Hand in Hand

Studierende der New Design University St. Pölten und der Transilvanian University Brasov erprobten: Was spielt sich bei handwerklicher Arbeit im Team ab?

Alle Fotos: Thomas Gronegger.

Studierende der New Design University St. Pölten und der Transilvanian University Brasov erprobten:
Was spielt sich bei handwerklicher Arbeit im Team ab?

Von Thomas Gronegger, Hansjörg Alber und Alin Olarescu

 

Handwerkliches “Allroundkönnen” spielt in traditionellen landwirtschaftlichen Orten eine große Rolle. Verbunden damit sind besonderes angeeignetes Wissen und Erfahrung und das sich gegenseitig Helfen und Aushelfen. Daraus inspiriert wurde eine einwöchige Formenwerkstatt mit Studierenden entwickelt, die einfache konstruktive und bauliche Strukturen in realer Größe in Passeier umsetzt.

Dreizehn Studierende der New Design University St. Pölten und der Transilvanian University Brasov fragten nach Qualitäten und Werten gemeinschaftlicher handwerklicher Arbeitsprozesse. Sie stellen sich deshalb vom 8. bis 12. Mai 2023 im MuseumPasseier und in einem Permakultur-Garten in St. Martin dem Skizzieren, Gärtnern, Mauern und Zimmern. Im Freilichtbereich des MuseumPasseier wurde der Wert zeichnerischer Analyse von Vorbildern betrachtet, in St. Martin gab es Einführungen und Impulse durch die Fachkräfte Gerhard Kofler, Alin Olarescu und Friedrich Lanthaler für den handwerklichen Umgang mit Stein, Holz und Schindel, schließlich wurden in gemeinschaftlicher Arbeit eine Trockensteinmauer und eine gezimmerte Holzstruktur errichtet.

Hier einige Auszüge aus den analysierten und beschriebenen Qualitäten verschiedener handwerklicher Phasen des Zusammenarbeitens:

Zu Beginn ging es um die Rolle des gemeinsamen Anschauens von Vorbildern, bevor eine Gruppe eine gemeinschaftliche handwerkliche Arbeit angeht.

Und im Genaueren ging es darum, welche Methoden eine Gruppe anwenden kann, um das Angeschaute zu erfassen, zu analysieren, zu dokumentieren und letztlich zu verinnerlichen, um dann im späteren handwerklichen Gestaltungs- und Arbeitsprozess auf gemeinsame Erkenntnisse und Einsichten zurückgreifen zu können.

Das Zeichnen stellte sich als einfaches Mittel dar, den Blick auf konstruktive, proportionale, materielle, haptische, atmosphärische Qualitäten zu lenken.

Maß nehmen am Objekt und seinen konstruktiven Elementen schaffte sofort eine Ahnung, wie etwas dimensioniert werden kann und welche Wirkung es hat.

Die Referenzgebäude im MuseumPasseier waren zwar (von den Forschenden) ausgesucht, drängen aber als Objekte ihr Wesen nicht auf. Sie wurden zu einer Art still lehrenden Instanz.

Noch bevor das eigentliche Arbeiten startete, erlebte man also das Sehen und Wahrnehmen der Anderen auf den analytischen Skizzenblättern mit – schlüpfte sozusagen in deren Art des Denkens mit hinein.

Man lernte nicht nur von den Anderen, sondern entwickelte auch ein Gespür für die Vielfalt der Talente und Fähigkeiten der Anderen. Daraus kristallisierten sich besondere Naheverhältnisse oder komplementär ergänzende Herangehensweisen heraus.

Durch Gespräche mit Personen großer Erfahrung vor Ort betteten sich die Dinge greifbar und verständlicher in Geschichte, Geschichten, Kultur und Umfeld ein.

Es wurde auch bewusst, wie schwierig teils das von Fachleuten Vorgemachte nachzuahmen ist, obwohl es beim Zuschauen so leicht aussieht. Paradox klingt, dass die vorgeführte Arbeit für einige Studierende „leicht“ aussah, zugleich von einigen Studierenden als anstrengend und schwierig empfunden wurde.

Welche Perspektive nimmt man beim Betrachten des Vormachens einer Handlung ein? Betrachtet man das Vorführen von Arbeitsschritten passiv zuschauend, aus ästhetisch-rhythmischer Perspektive, die der Geschicklichkeit und dem Schauspiel des handwerklichen Gelingens Respekt und Freude abgewinnt, so bewundert man vermutlich die (scheinbare) Leichtigkeit, die aus jahrelanger Erfahrung und Routine resultiert.

Betrachtet man hingegen das Vorführen aus der Perspektive des praktischen nachfolgenden „Nachmachen-Wollens“, so versucht man sich jede Bewegung, jeden Griff, jede Haltung in Bezug auf Werkzeug, Material und dessen Bearbeitung, einzuprägen. Und das ist anstrengend!

Man lernt als Körper und mit dem Körper, und das ist ein anderes Lernen, als nur passiv verstehendes Nachvollziehen. Beim eigenen tätigen Einsatz merkt man, dass man es zwar theoretisch verstanden hat, aber physisch-körperlich-motorisch noch nicht zustande bringt.

Das theoretische Verstehen ist also nicht komplett und bedarf des körperlichen Verstehens. Dieses wiederum bedarf aber des Erprobens, des Lernens des richtigen Greifens, der richtigen Bewegung, der richtigen Koordination und des richtigen Rhythmus. „Richtig“ meint hier insbesondere auf den eigenen Körper, die eigene Kraft angepasst und abgestimmt.  

Und dann fehlt immer noch die oft notwendige jahrelange Routine, nicht allein der körperlichen Balance und Geschicklichkeit, sondern gerade auch des abschätzenden oder auswählenden Blickes gegenüber dem Material (welcher Stein eignet sich für die Lücke, wie drehe ich das Holz und setze zum Spalten an, etc.?). Diese ungeheuerliche Form von Intelligenz, die so eng mit dem Körper verschmilzt, wird nur denen bewusst, die sich auf diese Arbeit einlassen.

Bewusstsein hingegen, der erforderlichen Geschicklichkeit, der Schwere der Arbeit und auch der Verletzungsgefahr trägt zu dieser Ernsthaftigkeit des Entgegenbringens von Interesse gegenüber den zeigenden Fachleuten bei. Zugleich wird es wohl auch das Bewusstsein sein, dass es nur noch wenige Handwerker gibt, die diese rare Erfahrung weitertragen und vermitteln können.

Es ging in der einwöchigen Formenwerkstatt also auch um die Geduld, die das körperliche Lernen erfordert und auf seine Weise mindestens so komplex ist, wie das rein mentale Lernen. Geistiges Verstehen ist anders als geistig-körperliches Verstehen. Eine Neubewertung handwerklicher Intelligenz steht an.

Von Handwerkern und Handwerkerinnen die sich der Bewahrung und Weiterentwicklung solcher Themen widmen, strahlt meistens eine Begeisterung, innere Tiefe und Verbundenheit aus, die sich oft auch in geerdet philosophischen Betrachtungen äußert. Es geht ihnen um mehr als um den Lebenserwerb. Sie verstehen sich als innigen Teil der Kultur und Landschaft.

Es handelte sich bei den Arbeiten anlässlich der Formenwerkstatt in Passeier nicht um „Als ob”-Handlungen, sondern um bleibende Umsetzung sinnvoller Strukturen für den Ort. Die Materialien wurden von den Mitwirkenden teils selbst aus der Gegend gewonnen (Steine aus dem Bach, Holz und Stecken vor Ort im Gebüsch geschnitten, Balken von abgerissenen Dachstühlen). Alles das trug zum Bewusstsein der Sinnhaftigkeit und Ernsthaftigkeit des eigenen Tuns für den Ort bei.

Abgesehen davon wurde eine Verbindung zu dem Ort allein dadurch aufgebaut, dass man täglich viel Zeit dort verbrachte und „Spuren“ hinterließ. Der Ort ist nicht mehr fremd, weil man für diesen etwas beigetragen hat. Ein Student beschrieb es so: „Man steckt etwas von der eigenen Seele hinein“. Handwerkliches Arbeiten für einen Ort, das sichtbar Bleibendes produziert, wird offenbar als ein Wirken empfunden, das über sich selbst hinausweist.

Es stellte sich aber nicht nur ein Bezug zum Ort, sondern auch zu den Menschen her, die das Geschaffene weiterpflegen und verwenden werden.

Der gemeinsamen Arbeit ging das Bewusstsein einher, gemeinsam etwas zu schaffen, zu dem man kein Vorwissen hat:
„It is amazing what people can achieve without previous knowledge …”

In der Gruppe bildete sich eine motivierende Kraft, ohne die man schnell dazu neigen würde, aufzugeben: „Ich kann das nicht!“ Können es aber viele noch nicht und probieren es trotzdem, bildet sich im Dabeistehen und Zuschauen schnell der Wunsch, „es auch zu probieren“ – so entstand ein Sog.

Weiters ging es darum, Wege zu finden, alle nach ihren Fähigkeiten und Talenten einzubinden bzw. die Einbindung auch für diejenigen leicht machen, die es schwerer haben. Das verlangte weder Vereinheitlichung, noch „einen kleinsten gemeinsamen Nenner“. Im Gegenteil: Es erlaubte und verlangte Vielschichtigkeit in der Schwierigkeit und Leichtigkeit der Herausforderung durch die Aufgabenstellungen.

Auch wenn manche geschickter waren, fanden trotzdem alle eine sinnvolle Rolle im Spektrum der hilfreichen Tätigkeiten und konnten wichtiger Teil des schaffenden Gruppenkörpers werden – selbst wer nicht im hauptausführenden Zentrum stand. Zuarbeiten, Vorbereiten, Handlangen sind keine minderwertigen Tätigkeiten!

Interessant ist, dass sich zwar ausführende und assistierende Arbeit von der Wertigkeit her differenzieren lassen, andererseits wiederum das gute Gelingen der hochwertigeren Arbeit ohne der assistierenden Arbeit nicht zustande kommen kann. Dabei kann es vorkommen, dass die assistierende Arbeit und ausführende Arbeit so einfühlend aufeinander eingespielt ist, dass sie nicht ersetzbar ist. Diese Art von Team wird hinsichtlich der Qualität zu einer nahezu untrennbaren Einheit.

Jeder Arbeitsschritt hat seinen eigenen Charakter, seine eigene Denkweise, seine eigene Mühe, seine eigene Poesie, seine eigene Lockerheit oder seine eigene Spannung.

Weil sich beispielsweise Steine nicht “nach Rezept” verlegen lassen oder so groß sind, dass sie kaum alleine zu heben oder zu versetzen sind, waren mehrere Personen an den Entscheidungen beteiligt. Diese zeigten sich dann sichtbar und bleibend in der Qualität der gebauten Mauer – ein Gedächtnis getroffener Entscheidungen!

Die Gruppe wurde zu einem Körper, der mit wenigen Gesten, Blicken, Worten untereinander kommunizierte und diese Spannung im besten Fall bis zum Gelingen des herausfordernden Arbeitsabschnittes hielt.

Jeder und jede hatte zu tun, Antworten und Ideen hatten Zeit.
Es entwickelte sich eine ganz besondere Form des miteinander Sprechens.

Ein weitere Beobachtung betraf die Weitsicht und das vorausschauende Arbeiten. Bezogen auf enges körperliches Zusammenarbeiten kann dies das Beiseite-Räumen von Hindernissen, das griffbereite Vorbereiten von wichtigem Werkzeug oder Hilfsmitteln usw. bedeuten, das meist vor dem eigentlichen Akt des engen körperlichen Zusammenarbeitens stattfindet. Auch das hat oft mit der Sicherheit, mit dem Limit an Kräften oder der Bewältigung entscheidender Momente zu tun.

Es entwickelte sich ein vorausschauendes Mitdenken für den Anderen, etwa beim Tragen eines Baumstammes, um in eine geschmeidige Bewegung zu kommen. Es war notwendig, bei Wegehindernissen, die einen selbst noch nicht betreffen (der Baumstamm ist lang), auf die andere Person zu achten, deren Bedürfnisse zu erkennen, etwa die Geschwindigkeit zu verringern oder stehenzubleiben.

Ähnliches war bei der Menschenkette zu beobachten, die schwere Steine aus dem Bach klaubte und bis zum befestigten Weg weiterreichte. Die Steine waren unterschiedlicher Schwere, Größe und Form und die Personen waren ebenso unterschiedlicher Größe, Stärke und Geschicklichkeit. So war jede Übergabe eines Steines an den Andern und jedes Übernehmen eines Steines von dem Anderen unterschiedlich. Man musste beim Übergeben sehr genau darauf achten, dass die andere Person den Stein richtig zu fassen bekommt.

Teils waren die Steine so schwer, dass sich eine kräftige Person entschied, aus der Reihe auszubrechen und den gefassten Stein selbst hinaufzutragen, weil das Weitergeben zu unsicher war. Dabei schloss sich die Kette ausgleichend und es wurde unbehindert weitergearbeitet, bis die ausscherende Person wieder in ihre Position zurückkehrte. Die Menschenkette bildete also nicht ein starres automatisches System, sondern ein mitdenkend ausgleichendes System, das besondere Anforderungen nahezu ohne mündliche Abstimmung einfach ausglich.

Es kam mehr als einmal vor, dass großes Vertrauen bei Arbeiten wie etwa das Einschlagen von Pfosten gefragt war, wo eine Person halten musste und die andere Person mit schwerem Hammer auf den Pfostenkopf schlug. Selbst wenn das Halten weit unten angesetzt wurde und man mit dem Körper aus der Schwungrichtung ging, bedurfte es doch eines tiefen Vertrauens der Haltenden und große Vorsicht der Schlagenden.

Zudem stellte sich streckenweise ein unangenehmer Dauerregen ein, dem wir trotz provisorischen Behelfen wie Zeltplanen spürbar ausgesetzt waren. Das „dem Wetter trotzen“ ist kein unwichtiger Aspekt. Es ist auch motivierend und macht stolz, dass man trotz schwierigem Wetter durchgehalten und etwas geschafft und nicht aufgegeben hat.

Dass die gemeinsame Arbeit „das Eis“ bricht, wurde auch angesprochen. Ebenso die Tatsache, dass die Gespräche von einfachen Gegebenheiten ausgehen konnten, die gerade passierten. Das vielfach angedeutete „Ungezwungene“ liegt also offensichtlich im „reden können, aber nicht müssen“.

Ein besonders wichtiger Moment schien der Abschluss der Arbeit gewesen zu sein, bzw. beim Abschluss die Rückschau, wie der Ort vor Beginn der Arbeiten ausgeschaut hat. Das weist in zwei Richtungen. Einerseits scheint das Zelebrieren des Abschlusses, also das gemeinsame Begehen und Anschauen der Arbeitsstätte mit den fertigen Werken und deren Würdigung wichtig. Ein weiterer besonderer Akt der Würdigung stellte sich mit einer Ansprache zur „Gleichenfeier“ durch Alin Olarescu ein.  

Im Nachhinein wurde noch klarer: Das Besondere der gemeinschaftlichen Arbeit ist, dass sie zugänglich, sinnstiftend und befriedigend auch für Leute sein kann, die komplexe oder anstrengende handwerkliche Arbeit nicht schaffen oder sich nicht zutrauen. Es bildete sich eine Schnittstelle der Zugänglichkeit, die allen die Möglichkeit bot, am Gesamterfolg teilzunehmen. Und natürlich ist da auch die Essenszubereitung oder die abschließende Feier mitzurechnen. Diejenigen, die für das Besorgen der Lebensmittel, die Zubereitung des Essens, das Anrichten der Tische, das Wegräumen und Abwaschen etc. sorgten, nahmen auf ihre Weise auch ganz wichtigen Anteil am Ganzen. Es entstand ein Verzahnungsraum für “Mittun”, "Beitragen und “Dabeisein”.

Der tragende Geist. Die Ergebnisse und Beobachtungen des vorliegenden Projektes bestärkten uns, dass es bei diesem Zusammenarbeiten eben gerade nicht um das schnelle effiziente Umsetzen geplanter Vorhaben geht, sondern dass es darauf ankommen kann, welche Arbeitsprozesse wie durchgeführt werden, um das Zusammenkommen, sich Kennenlernen, die Identifikation mit dem Ort und den gebauten Objekten besonders intensiv wirken zu lassen, was zugleich verbindet und die gemeinschaftliche Identität stärkt. Der Wert der Arbeitsprozesse wird also nicht allein an der Effizienz gemessen, sondern am Reichtum gemeinschaftlicher Erfahrungen, Erlebnisse, gemeinschaftlichen Austauschs und Erinnerung – letztlich an der gemeinschaftsbildenden Kraft und am individuellen Anteil daran.

 
 

Du interessierst dich für die Details bzw. weitere Facetten der Arbeit und Überlegungen?
Hier findest du den 89 Seiten starken Abschlussbericht zur einwöchigen Formenwerkstatt in Passeier:

 >>> Zum PDF

 

Die praktischen und theoretischen Erkenntnisse fließen in die Arbeit “Gärten und Höfe”, die Teil des Forschungsprojektes Surplus* – Dorf und Landstadt unter der Leitung von Hansjörg Alber Msc. und Thomas Gronegger Univ.-Doz. Dr. ist.

Surplus* – Dorf und Landstadt ist ein vierjähriges Forschungsprojekt, gefördert durch die Landesregierung Niederösterreich und die New Design University St. Pölten. Träger ist das ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich.

 


Die Beteiligten:

Student*innen der New Design University St. Pölten und der Transilvanian University Brasov                      

Fabian Herda, Carina Sponseiler, Christoph Pölzl, Janko Petrovic, Marija Milosavljevic, Ruben Bargetze, Dorothea Vohla, Florian Zirlik, Lorenz Dullinger, Laurenz Gensthaler, Adrian Ghintuiala, Teodora Panait, Brigitta Timar 

Forscher
Hansjörg Alber Msc., Universität für Weiterbildung, Krems
Alin Olarescu Prof. Dr., Transilvania University of Brasov, Faculy of Wood Engeneering
Thomas Gronegger Univ.-Doz. Dr., New Design University, St. Pölten

Handwerker
Gerhard Kofler, Maurer und Handwerker aus Riffian
Friedrich Lanthaler, Schindelmacher aus Rabenstein in Moos in Passeier

Permakulturgärtnerin
Christine Alber, Bewirtschafterin eines Permakulturgartens in St. Martin in Passeier

Projektpartner
MuseumPasseier

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Eine Ausstellung treibt Blüten

Alte Meister in Passeier als Inspiration für die Meisterausbildung zur Floristin.

Florales Kunstwerk, das “Uffizi in Passeier” zum Thema hat.

 

Alte Meister in Passeier als Inspiration für die Meisterausbildung zur Floristin.


Text und Fotos: Sophia Egger

 


Am Anfang einer jeden Gestaltung steht die Idee. Die Idee hinter meiner Arbeit im Rahmen der Meisterausbildung zur Floristin an der Akademie für Naturgestaltung in Niederösterreich findet ihren Ursprung in den Uffizien in Florenz. Meine Aufgabe war es nämlich, zu den weltbekannten Kunstgalerien in der Toskana eine florale Gefäßfüllung zu gestalten. Zu einer Gefäßfüllung gehört zum einen das passende Gefäß und zum anderen, wie das Wort schon erahnen lässt, die entsprechende florale Füllung dazu.

Da das Thema Uffizien sehr breit gefächert ist, galt es, das Thema einzugrenzen. Beispielsweise auf einen bestimmten Künstler, auf ein bestimmtes Bild oder auch auf einen bestimmten Auftraggeber. Nach längerem Recherchieren und einigen Gesprächen war mir dann aber bald das eigentliche Thema meiner Gefäßfüllung klar. So stehen die Uffizien nämlich in enger Verbindung zu Südtirol. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges lagerten viele Bilder aus den Uffizien im Passeiertal, genauer gesagt in St. Leonhard, um sie vor den Bombardements in den Städten zu schützen. Zu diesem Thema gab es auch eine Sonderausstellung im MuseumPasseier, die den Titel „Uffizi in Passeier“ trug. Genau dieser Titel sollte nun Thema meiner praktischen Hausaufgabe werden.

 

Sophia Egger hat sich für ihre Themenarbeit “Uffizi in Passeier” viel Hintergrundwissen angeeignet und freut sich über den Blogartikel, denn so wird unser Beruf auch in einem anderen Kontext sichtbar, so wie wir es auch in unserer Ausbildung lernen, dass unser Beruf weit über das hinausgeht, was die meisten Menschen sich darunter vorstellen.

 

Es spielte sich nämlich folgendes ab: Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges befürchtete man in Italien einen Luftkrieg. Aus diesem Grund leerte Italien seine Museen und die Kunstschätze von Florenz wurden in Kirchen, Schlössern und Villen der Umgebung gebunkert. Als der Krieg im Sommer 1944 dann Florenz erreichte, räumte der Deutsche Kunstschutz (eine Abteilung der Deutschen Wehrmacht) die Depots und fuhr die Kunstschätze nach Norden. An die 300 Bilder landeten im verlassenen Gerichtsgebäude von St. Leonhard in Passeier, darunter Gemälde von Botticelli, Caravaggio, Rubens, Tizian und Cranach.

Da die Evakuierung schnell vonstattengehen musste, wurden die Bilder nicht sehr sanft transportiert. Sie wurden auf den LKWs zwischen Stroh und Wolldecken gelagert. Einige von den Bildern wiesen nach dem Transport Risse oder auch Schimmelflecken auf. Ob das Lager in Südtirol als Zwischenspeicher eines organisierten Kunstraubes verwendet wurde oder ob es sich um reine Rettungsmaßnahmen handelte, wird von Kunsthistorikern bis heute kontrovers diskutiert.

Meine Aufgabe war es nicht, ein Urteil über dieses Ereignis abzugeben. Meine Aufgabe bestand darin, dieses Ereignis in einer Gefäßfüllung floral zu interpretieren. In dieser Interpretation begrenzte ich mich ausschließlich auf den Transport der Kunstwerke aus Florenz ins Passeiertal in Südtirol.

Meine Idee basiert vor allem auf dem Material, in welchem die Bilder gehüllt waren. Stroh war zusammen mit Wolldecken und Backpapier jenes Material, das den Bildern auf ihrem langen Weg nach Südtirol Schutz bot. So entstand die Idee, ein Gefäß aus Stroh zu gestalten, das den Blumen, die sich in ihm befinden, Schutz bietet. Um in meinem Gefäß auch das Thema der wertvollen Kunstwerke, die sich zwischen diesem Stroh verbargen, zu verdeutlichen, kam die Idee, Bilderrahmen in meine Gefäßgestaltung mit aufzunehmen.

Ein Kubus aus Stroh sollte entstehen. Auf diesem Kubus sollten sich Bilderrahmen aus Stroh aneinanderreihen und zwischen diesen Bilderrahmen sollten sich die Blumen ranken. Nun galt es, die Idee in die Praxis umzusetzen. Dafür benötigte ich zu aller erst Bilderrahmen und einen Unterbau aus Styrodur-Platten für meinen Kubus aus Stroh. Die viereckigen Bilderrahmen habe ich in ein Gemisch aus Stroh und Holzleim eingehüllt und am Kubus befestigt. In den Kubus habe ich mehrere Löcher für schmale Glasröhrchen gebohrt, in welchen die Blumen mit Wasser versorgt werden können. Diesen entstandenen Kubus habe ich anschließend komplett in Stroh eingehüllt. So entstand der Eindruck eines Strohballens.

Damit eine Gefäßfüllung zu einer Gefäßfüllung wird, fehlte noch die Füllung. Dabei war es mir wichtig, dass sich die Blumen zwischen den Bilderrahmen rankten und das Stroh und die Rahmen einen Schutzmantel um die Blüten bildeten. Außerdem wollte ich einheimische Blumen mit exotischen Blüten mischen. Die in Passeier versteckten Bilder stammen so ziemlich alle aus der Zeit der Renaissance, in welcher viele Entdeckungen gemacht wurden. Mit den Entdeckungen neuer unbekannter Länder kamen auch exotische Pflanzen nach Europa.

Aber auch die Uffizien-Kunstwerke waren etwas Exotisches in St. Leonhard. Man vermutete nicht wirklich, dass Kunstwerke von so hohem Wert in einem alten Gerichtsgebäude lagerten. Genauso wenig wie man sich solches Weltkulturerbe zwischen Stroh gebettet auf LKWs vorstellen kann. So stehen die exotischen Blumen gemischt mit einheimischen Blüten symbolisch für die Kunstwerke, welche auf den LKWs zwischen gewöhnlichem Stroh transportiert wurden.

Das Wertvolle versteckt zwischen dem Gewöhnlichen. Zwischen dem, das eigentlich im totalen Gegensatz zum großen Wert der Bilder steht. Aus dem Strohkubus wachsen die wertvollen Blüten empor und ranken sich durch die mit Stroh überzogenen Bilderrahmen. So wurde aus einer Idee eine Gestaltung.

 
 
 

Möchtest du mehr über die Uffizi-Kunstwerke lesen, die 1944/45 in Passeier versteckt waren?
Und Fotos von den Gemälden zwischen Strohballen sehen?

Hier findest du unsere Blogartikel dazu:

 

Blog | Uffizi in Passeier

 
 
 

Uffizi in Passeier

Die Sonderausstellung widmet sich einer unglaublichen, aber dennoch fast vergessenen Geschichte, die zu ihrer Zeit die Deutsche Wehrmacht, Mussolinis faschistische Behörden und die US-Army mehr als bewegte. Es geht um Gemälde von unschätzbarem Wert, die während des Zweiten Weltkrieges in St. Leonhard in Passeier gelagert waren.

 
 
 

Wer schützt Kunst im Krieg?

Menschen ziehen in den Weltkrieg, um Kunst zu schützen? Das scheint abwegig und notwendig zugleich. Ein Blick auf die Sonderausstellung, die davon erzählt, wie 293 Kunstwerken aus Florenz nach Passeier und abwechselnd in die Hände zweier Kunstschutz-Einheiten gelangt sind.

 
 
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Eine moderne Chronik

Je mehr mitmachen, desto mehr entsteht!

© design.buero

Je mehr mitmachen, desto mehr entsteht.

Von MuseumPasseier

 

Was wäre, wenn ein Dorf eine Chronik plant, die alle Buchseiten und Gemeindegrenzen sprengt? An der nicht nur der Dorfchronist, ein Lehrer, ein Archäologe und eine Studentin arbeiten, sondern ALLE, die etwas zu erzählen oder zu zeigen haben? Wenn diese offene Chronik im digitalen Raum ständig wachsen würde, weil jede*r darin ergänzen, verbessern, verknüpfen, recherchieren, stöbern und spielen kann?

Wir freuen uns, Teil so einer Chronik zu sein, die derzeit mit Bildungsausschuss und Gemeinde St. Martin in Passeier entsteht. Wer sich dafür interessiert, kann gerne zu den offenen Chronik-Workshops in die lese.werk.statt St. Martin vorbeikommen.

 
 
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Was die Hände wissen

In einem Masterlehrgang den Blick schärfen und öffnen für alte Räume, Materialien, Arbeitstechniken.

In einem Masterlehrgang den Blick schärfen und öffnen für alte Räume, Materialien, Arbeitstechniken.

Von MuseumPasseier

 

„Unterschiedliche Menschen, Materialien und Handwerke treffen und verknüpfen sich um Neues zu schaffen”, so beschreibt eine Absolventin des Masterlehrganges „Konzeptuelle Denkmalpflege“ die Ausbildung, die Hand, Kopf und Herz vereinen will. Der länderübergreifende Studiengang ist berufsbegleitend, für Menschen mit oder ohne Matura, dauert fünf Semester und läuft über die Donau-Universität Krems (A).

Schwerpunkt des Studiums ist das Praktisch-Gestalterische: Sich nachhaltig, einfühlsam und fachgerecht mit historischer Bausubstanz und handwerklichem Kulturerbe auseinandersetzen sowie  Wahrnehmung, Wissen und Wirkungen in Bezug auf Materialien, Formen und handwerkliche Techniken untersuchen.

Start des Studienganges ist Winter 2022/23, die Unterrichtsorte sind die Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair (CH), die BASIS Vinschgau in Schlanders und – neu seit 2022 – auch das MuseumPasseier. Zudem ist seit heuer das Landesdenkmalamt der Autonomen Provinz Bozen Südtirol offizieller Kooperationspartner.

Die Studienplätze sind auf maximal 14 Personen begrenzt. Die Webseite www.vereinkonzeptuelledenkmalpflege.it bietet einen guten Einblick in das Tun der Studierenden sowie den Kontakt für Fragen und Bewerbungsgespräche.

 
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Ich trage einen großen Namen

Wenn man als bärtiger Hofer-Nachfahre im Hofer-Museum arbeitet.

Für Andreas-Hofer-Dokumentationen ist David Hofer ein Dreier-Jackpot: Bärtiger Hofer-Nachfahre, Historiker und Vermittler im Hofer-Museum. © MuseumPasseier

Fernsehstar wider Willen. Oder: Vom Museum in die Unterhaltungsshows.

 

Von David Hofer

 
 

Meine Mitarbeit im MuseumPasseier begann 2008, ein netter Nebenjob als Ergänzung zum Studium. Mittlerweile 14 Jahre und tatsächlich auch einen Studienabschluss später bin ich immer noch Teil des Museumteams. Erst vor kurzer Zeit gab es eine interne Veränderung und wir Mitarbeiter*innen wurden gebeten uns kurz vorzustellen. Ich erwähnte meine üblichen Arbeitsbereiche im Museum und ergänzte „falls ein Gesicht für Film oder Fernsehen gesucht wird, dann schickt man üblicherweise mich vor“.

Tatsächlich kam es bereits zu drei solcher TV-Produktionen. Natürlich liegt dies nicht nur daran, dass ich im MuseumPasseier arbeite, vielmehr daran, dass ich zusätzlich zu den über 500 lebenden Nachfahr*innen des Andreas Hofers gehöre und bequemerweise im dazugehörigen Museum zu erreichen bin. Dreimal kam bisher also ein Anruf, dass ein Hofer-Verwandter gesucht wird und meine halbherzigen Versuche auf andere Nachfahr*innen zu verweisen, blieben bislang erfolglos.

2017, 250 Jahre nach Hofers Geburt, wurde das Museum wegen eines neuen Dokumentationsfilmes der Reihe Universum History kontaktiert. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, mein kurzes Radiointerview im Gedenkjahr 2009 bliebe der Höhepunkt meiner medialen Präsenz – oder auf Platz 2, immerhin war ich als Grundschulkind vom Rai Sender Bozen zum Suppentag interviewt worden. Universum History war sicherlich die größte der Produktionen, an der ich teilhaben durfte. Viele verschiedene Drehorte, ORF und Arte involviert, einiges an Zeitaufwand. Robert Neumüller, der Regisseur und ein echter Wiener, begleitete mich freundlich und hatte in der gemeinsamen Zeit stets Geduld für meine Laienfragen. Wichtigste Anweisung war dabei, dass ich mir ja nicht den Bart stutzte.

Ich versuchte meine Rolle so gut es ging zu erfüllen. Dargestellt wurde ich als Historiker, was vermutlich in Anbetracht meines Geschichtestudiums innerhalb der Lehramtsausbildung etwas übertrieben war. Aber zum Wohle des Filmes wurde dick aufgetragen. Unter anderem musste ich mit fachmännischem Blick alte Dokumente durchblättern, die ich nicht wirklich entziffern konnte. Paläografie gehörte leider nicht zu meinen besuchten Lehrveranstaltungen. Spätestens als ich diese Einstellung zum dritten Mal wiederholen sollte, sah ich ein, dass Schauspielerei nichts für mich war.

An einem anderen Tag, es war der Herz-Jesu-Sonntag, sollte ich dann den urigen Passeirer mimen. Der Regisseur erkannte aber recht schnell, dass ich in der Rolle nicht wirklich überzeugte, als ich mich beladen mit Fackeln die steilen Hänge in Glaiten hinaufquälte. Die Filmproduktion war für mich insgesamt eine Fortbildung. Ich durfte mich mit vielen Menschen unterhalten, die zu Andreas Hofer forschten und mir neue Inhalte und Perspektiven darstellten. Hier und da versuchte ich in den Gesprächen natürlich etwas „Schleichwerbung“ für das Museum zu platzieren.

Der Bart darf nicht ab. Museumsmitarbeiter David Hofer in seiner Rolle als bärtiger Hofer-Nachfahre und vorzeitig geadelter Historiker in der Folge „Held wider Willen“ von UNIVERSUM HISTORY. (Screenshot des Teasers, ORF2).

Bereits im Jahr darauf, 2018, sollte ich zwei weitere Male vor einer Kamera sitzen. Anders als die große Filmproduktion war es jeweils nur ein kurzer Auftritt. Abermals klingelte das Telefon im Museum und wieder wurde auf mich verwiesen, als die im SWR etablierte Sendung “Ich trage einen großen Namen“ einen Nachfahren des Andreas Hofers suchte. Im Endeffekt handelt es sich dabei um ein „Wer bin ich“-Spiel, wobei Prominente versuchen die Vorfahr*innen mithilfe von Fragen zu erraten. Dafür durfte ich erster Klasse mit dem Zug nach Baden-Baden anreisen, in einem schönen Hotel unterkommen und neben den Anreise-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten, erhielt ich sogar zusätzlich ein Honorar. Was ich ebenso erhielt, war eine E-Mail nach dem Auftritt. Laut dieser hätte ich im nachfolgenden Gespräch der Show das Heldentum des Andreas Hofers zu wenig herausgehoben. So hatte ich mir meine erste Fanpost nicht vorgestellt.

So ist das, wenn man einen großen Namen trägt. Nach dem Auftritt in der Sendung „Ich trage einen großen Namen“ gab es unerwartet Post für David Hofer. Der SWR fragte: Wo war das Heroische am Hofer geblieben? (Screenshot der Sendung, SWR)

Der letzte Fernsehauftritt war ein spaßiges Gespräch mit Hanno Settele, der in der unterhaltsamen Reihe „Der Kurier des Kaisers“ versuchte herauszufinden, wie viel jedes Bundesland in Österreich wert war. Mit Augenzwinkern wurde ich hierbei in Innsbruck gefragt, wie es mit der Vermarktung des Andreas Hofers aussehen würde. Natürlich gefilmt vor einem HOFER – also der Supermarktkette.

Wie lässt sich heute aus dem Andreas Hofer Geld machen? Hofer-Nachfahre David Hofer wird auf dem Parkplatz vom HOFER für „Der Kurier des Kaisers“ dazu interviewt (Screenshot der Folge vom 18.10.2018, ORF1).  

Es waren interessante Erfahrungen, besonders die große Filmproduktion. Andererseits genoss ich den letzten Auftritt wohl am meisten, da er die lockerste Atmosphäre bot und ich allgemein nur einen kleinen Part darin hatte (auch wenn ich erneut als Historiker ausgegeben wurde).
Was am Ende bleibt sind von Zeit zu Zeit keck lachende Bekannte, Freund*innen sowie auch Schüler*innen mit dem darauffolgenden Satz: „Ich habe dich/Sie gestern im Fernsehen gesehen.“

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Open Call

Wir suchen Menschen, die sich für die Arbeit im Museum begeistern.

Was brauchst du?
Vor allem Lust (und auch etwas Können), uns bei ein oder mehreren dieser Arbeiten gegen Bezahlung zu helfen. Fachwissen und Interesse an kulturellen Themen schaden nicht. Viel wichtiger ist uns aber, dass es dir Spaß macht, mit Menschen und in Teams zu arbeiten. Dass du freundlich und zuverlässig bist. Und dass du bereit bist, dich mit Herzblut auf das MuseumPasseier als eine besondere Kultureinrichtung einzulassen.

Wenn du dir vorstellen kannst, im Rahmen deiner zeitlichen Möglichkeiten bei uns mitzumachen, melde dich an für ein erstes gemeinsames Treffen aller Interessierten:  

Am 25. Februar 2022 um 18 Uhr
im MuseumPasseier, Passeirer Straße 72, St. Leonhard in Passeier

Das Vorzeigen des Grünen Passes 2G (geimpft, genesen) ist verpflichtend.
Das Treffen dauert zirka 1,5 Stunden.

Hier werden wir uns und die Museumsarbeit genauer vorstellen und versuchen, deine Fragen zu beantworten.
Schick deine Anmeldung zum Treffen an info@museum.passeier.it.

Wir freuen uns auf dich!

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feertig

Bald ist sie fertig, die heurige Museumssaison. Am letzten Tag gibt es Kartoffeln und Kastanien. Nicht “feertige”, sondern von heuer.

Wir feiern das Ende der Saison am 31. Oktober 2021 mit heurigen Kartoffeln und Kastanien. Und freiem Eintritt von 14 bis 17 Uhr.

Von MuseumPasseier

Fotos und Animation: Albert Pinggera

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Geraubt, gelagert – gesühnt?

Kerstin von Lingen widmet ihre Antrittsvorlesung an der Uni Wien der "Kulturgüterverbringung" der Uffizien-Kunstwerke nach Passeier.

Foto: Ausschnitt der Videoaufzeichnung/ Universität Wien

Kerstin von Lingen ist Professorin für Zeitgeschichte, Vergleichende Diktatur-, Gewalt- und Genozidforschung an der Universität Wien. Am 2. Juli 2021 sprach sie in ihrer feierlichen Antrittsrede zur Frage nach der strafrechtlichen Sühne bei der "Kulturgüterverbringung" der Uffizien-Kunstwerke nach Passeier. Die Aufzeichnung ist nun online: 

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Wie eine Minute

2001 wurde das MuseumPasseier eröffnet. Wir blicken in einer Minute auf 20 bewegte Jahre.

Die 20jährige Geschichte des MuseumPasseier in Bildern. Von Mai 2001, als das Museum für Besucher*innen öffnete, bis zum Startruf und Projekt GARGOOO im Mai 2021. Zwei Jahrzehnte in einer Minute.

Von MuseumPasseier

 
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Helden & Hasenfüße

“Wie viele Helden braucht ein Land?” fragt Selma Mahlknecht in der F.A.Z.

In Südtirol legt ein kleines Museum die Schichten der Heldenverehrung frei und trifft so manchen neuralgischen Punkt. Das tut mitunter weh. Aber auch verdammt gut.
— Selma Mahlknecht

Selma Mahlknecht schreibt in der F.A.Z über Andreas Hofer, Benito Mussolini, neue Covid-19-Helden und Elena De Salvo.

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